Vertrieb Ausland

Neben den Aktivitäten im Inland, versuchte ROKAL auch auf den Exportmärkten Fuß zu fassen und ein Vertriebsnetz aufzubauen. Dies geschah zunächst unter der Leitung von Fritz Emme, der für die Exportaktivitäten in allen Sparten des Unternehmens verantwortlich zeichnete.

Aufgrund des verhältnismäßig breiten Sortiments einer Modellbahn, der Notwendigkeit, einen Ersatzteil- und Reparaturservice im jeweiligen Land anzubieten und nicht zuletzt wegen der damaligen Export- und Zollbestimmungen, erwies es sich als zweckmäßig, in den einzelnen Ländern Generalimporteure zu suchen. In der Regel wurden die ersten Kontakte auf der Nürnberger Messe geknüpft und später durch persönliche Besuche intensiviert.


Orientalisch angehauchtes Faltblatt für die Niederlande 1960

In den Ländern mit großem Interesse an Modelleisenbahnen wie z. B. die Niederlande, Belgien oder der Schweiz konnte recht schnell eine gute Akzeptanz beim Handel und bei den Verbrauchern gefunden werden; nicht zuletzt aufgrund der intensiven Einführungsarbeit von Firmen wie Model Engineering, Hilversum für die Niederlande, DGH - de Cuyper in Brüssel für Belgien und Luxemburg oder Spiwa AG, Dietikon für die Schweiz.

In Italien bot sich die Zusammenarbeit mit einer Handelsagentur in Mailand an, der Firma Cagnoni in Mailand. Diese Firma unterhielt kein eigenes Lager, sondern vermittelte Aufträge zur Direktlieferung an die Kunden in Italien. Aufgrund des außergewöhnlichen Einsatzes von Cagnoni konnte in kurzer Zeit eine breite Distribution in Italien aufgebaut werden. Nicht nur der Spielwareneinzelhandel, auch die größte Warenhauskette La Rinascente führten ROKAL-Modellbahnen in ihrem Sortiment. Leider geschah dies noch zur Zeit des Schneckenantriebes, der sich als äußerst reparaturanfällig erwies. Aufgrund der hohen Reklamationsquote stellte sich eine große Unzufriedenheit beim italienischen Handel ein, die auch nach der Umstellung auf den neuen Antrieb nie mehr ganz behoben werden konnte.


Diesel Triebwagen "Isabella" in den Farben der italientischen Staatsbahn

In Frankreich erfolgte die Einführung über die renommierte Firma Arbois, Paris; in Österreich die Firma Krepa, Wien und in Skandinavien über große Importeure in den jeweiligen Ländern (Rosengren&Riis, Malmö, Gebr. Jacobsen, Kopenhagen).

Anfang 1960 übernahm Karl-Heinz Claßen die Leitung der Export-Abteilung und intensivierte - in enger Zusammenarbeit mit den Importeuren - den direkten Kontakt zu den Händlern im Ausland. Er verbesserte auch die Zusammenarbeit in werblicher Hinsicht durch fremdsprachige Kataloge, Prospekte und technischen Informationen. Neben der Nürnberger Messe stellte ROKAL auf den wichtigsten Messen im Ausland aus (Utrecht, Brüssel, Lyon und Mailand). Auch die Produktschulungen wurden in verstärktem Maße für die ausländischen Partner angeboten und fanden ebenfalls unter der Leitung von Kurt Hey in Lobberich statt.

Die USA waren traditionell kein sehr starker Markt für Modelleisenbahnen und bedingt durch die Größe des Landes war es schwer, einen Importeur zu finden, der den Gesamtmarkt bearbeiten konnte.

ROKAL suchte aus diesem Grunde die Zusammenarbeit mit einer kleinen aber sehr rührigen Modellbahnimportfirma in Illinois, der Firma Nathan R. Preston, Modelrailroads in Des Plaines, Il. Zunächst war in den USA - insbesondere in Illinois - der Kundenkreis begrenzt auf die Modellbahnfachgeschäfte, die im Wesentlichen die wirklichen Modellbahnfans betreuten. Nachdem sich ROKAL entschlossen hatte, amerikanische Modelle wie die Santa Fé- und Union Pacific-Railroad ins Sortiment aufzunehmen, entwickelte sich der Umsatz viel besser. So nahmen die damals bedeutenden Versandhäuser Sears Roebuck und Montgomery Ward ROKAL-Produkte in ihr Warensortiment auf.

Der bekannte Werbeaufsteller für Frankreich und den englischsprachigen Raum

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ROKAL auch im Export Ende der 60er Jahre gut positioniert war. In den interessanten Ländern bestanden stabile Geschäftsbeziehungen über Importeur einschließlich guter Direktkontakte zu den wichtigsten Händlern.


Modellbahnfachgeschäft in Bussum (Hilversum - NL) 1958

Mit diesen geschilderten Maßnahmen war ROKAL in der zweiten Hälfte der 60er Jahre sowohl im Inland als auch im Ausland auf einem guten Weg. Die Distribution konnte ausgebaut werden, die Akzeptanz beim Handel wurde verbessert, die technischen Probleme der Anfangszeit waren ausgestanden und das Sortiment hatte eine respektable Breite erreicht.

Doch dann setzte eine Entwicklung ein, die den gesamten Modellbahnmarkt empfindlich traf. Die bis dahin im Schatten der Modellbahn stehende Autorennbahn stand plötzlich im Mittelpunkt des Interesses der Jungen. Nicht mehr das Bauen einer Anlage und das Nachempfinden eines Zugablaufes waren der Wunschtraum sondern Tempo, Aktion und Wettbewerb waren die gefragten Beschäftigungen.

Man kann nur vermuten, dass dieser Wandel Ausdruck der damaligen Zeit war, mit der immer weiter um sich greifenden Motorisierung und einer Entwicklung, in der das Automobil eine immer dominierendere Rolle spielte und die Eisenbahn auch als Transportmittel stark in den Hintergrund gedrängt wurde.

Autorennbahn-Marken wie CARRERA oder SCALEXTRIX, die bis dahin eine eher unbedeutende Rolle gespielt hatten, konnten Ihren Umsatz in kürzester Zeit vervielfachen und brachten der Modelleisenbahn herbe Umsatzverluste. Diese trafen zunächst alle Hersteller gleichermaßen. Bei ROKAL kam jedoch ein weiterer Umstand dazu, der das Problem für die ohnehin noch nicht besonders gefestigte Marke zusätzlich erschwerte.

Ein neuer Mitbewerber kam auf den Markt, die Firma ARNOLD aus Nürnberg mit ihrer neuen Modellbahn in der Spur N. Die Entwicklung war seit einiger Zeit absehbar. Die Bahn wurde auf Messen gezeigt und auch im Handel angeboten - zunächst mit wenig Erfolg. Es kam sogar zu einer Lizenzvereinbarung mit ROKAL, da ARNOLD das Patent der ROKAL-Kupplung verletzte. Nach einem Rechtsstreit musst an ROKAL-Lizenzgebühr für jede verkaufte Kupplung gezahlt werden.

Die anfänglichen technischen Probleme der N-Spur wurden nach und nach gelöst, ebenso die Detailtreue des rollenden Materials. Damit konnte sich eine weitere Modellbahn unterhalb von H0 etablieren und alle von ROKAL mühsam bei Handel und Verbraucher angeführten Produktvorteile wie geringer Platzbedarf durch kleinere Spur oder Detailtreue trotz kleineren Maßstabs konnten durch die ARNOLD N-Spur leicht noch unterboten werden. Der Unterschied zwischen H0 und N war dazu einfach optisch so viel deutlicher als zwischen H0 und TT, dass die N-Spur bald einen gewissen Kultstatus bei den Modeleisenbahnern bekam. Dies führte dazu, dass sich auch FLEISCHMANN und TRIX dazu entschlossen, neben H0 ein Sortiment in der Spurweite N aufzubauen. MÄRKLIN hat später mit der Z-Spur sogar einen noch kleineren Maßstab gebaut.

Damit war der ROKAL-Modellbahn jegliche wirtschaftliche Grundlage entzogen, zumal sie mit ihrem Maßstab TT 1:120 in Westeuropa allein dastand. Vielleicht hätte ein Zusammenschluss mit der in der ehemaligen DDR hergestellten Bahn von Zeuke & Wegwerth, die als einzige ebenfalls in der Spurweite TT gefertigt wurde, zumindest für ein Überleben als Nischenanbieter gereicht.


Werbung für die ROKAL-Modellbahn in Japan

Nachtrag: Karl-Heinz Claßen

Die ROKAL-Modellbahn heute

 

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Die Geschichte der ROKAL-TT Modelleisenbahn, Manfred Albersmann

ROKAL-Katalog 21D, ROKAL-Freunde Lobberich

Die Geschichte und Produktion der ROKAL-Werke Lobberich, Hans-Georg Heymanns und Dieter Cordes

Als PDF Dokument steht die Geschichte der ROKAL-TT Modelleisenbahn zum Lesen am Bildschirn bereit.