Eugen Engelhardt - März 1946 bis März 1950

„Die ersten Schritte“

Der zweite Weltkrieg war vorbei. Bei der Kapitulation am 8. Mai 1945 war vom "Großdeutschen Reich" nur ein Trümmerhaufen übrig geblieben. Die Städte waren zerstört, die Menschen obdachlos, die Bevölkerung aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße geflohen oder vertrieben. Viele Menschen waren ohne Beschäftigung und ein sehr großer Teil der männlichen Bevölkerung war noch in Gefangenschaft.

Zu der Gruppe der Vertriebenen aus dem Osten Deutschlands gehörte auch der Niederspannungstechniker und Dipl.-Ing. Eugen Engelhardt, der während des Krieges in Chemnitz gearbeitet hatte und nun in Geneiken, einem kleinen Ort in der Nähe von Mönchengladbach, eine Bleibe gefunden hatte. Auch er war ohne Arbeit und suchte für die Ernährung seiner Familie eine Beschäftigung. Arbeit für Techniker in seinem Bereich war aber spärlich gesät. Die Idee, eine Spielzeugeisenbahn zu bauen, kam ihm, als er wie allabendlich die Abendnachrichten im Radio hörte und er mitbekam, dass die britischen Besatzer die Fertigung von Spielzeug erlaubten. Da rief er seiner Frau zu: "Ich baue eine Eisenbahn". So fertigte er Anfang 1946 erste Konstruktionszeichnungen einer elektrischen Lokomotive an.

Nach diesen Entwurfszeichnungen baute er dann im Frühjahr 1946 mit den damals spärlich vorhandenen Mitteln seine erste Lok, die an einem Klingeltrafo mit Wechselstrom lief.


Engelhardts "little railway BABY"

"Die Wicklung für den Ankermotor entstammte einer elektrischen Klingel, den dreischenkligen Anker hatte ich aus normalem Konservendosenblech zurechtgefeilt, die vier Spurräder hatte mir eine Schlosserei aus einem Messingteil auf einer Drehbank abgedreht, die so groß war, dass man getrost echte Eisenbahnräder darauf hätte fertigen können, die Übersetzungszahnräder entnahm ich einem alten Wecker meiner Großmutter, die Achsen waren Stricknadeln von ihr und den Lok-Körper schnitzte ich in mühseliger Kleinarbeit selbst. Der Schornstein wurde aufgeleimt und das Ganze dann mit Schuhwichse schwarz gefärbt. Die beiden Geleise für die Schienen hatte ich aus metallenen Gardinenstangen zu einem Kreis zusammen gebogen und auf einem Brett befestigt. Ein gefundener Klingeltrafo mit seinen 8 Volt gab die Energie. Meine Lok auf die Schienen, dann angeschlossen - und das Biest lief ohne Stottern - ob ich stolz war?"

Wesentliches Merkmal der von Engelhardt konstruierten "Spielzeugbahn" war das so genannte Zweischienen-Zweileiter-System: Für ein Gleis benötigt man - soweit es sich nicht um eine Einschienenbahn handelt - auf jeden Fall zwei Fahrschienen. Da nun für die Stromzuführung zu einer Lok stets zwei Leiter benötigt werden (Zu- und Rückleitung) war es für Engelhardt wohl nahe liegend und natürlich, die beiden vorhandenen Fahrschienen auch als Stromleiter zu benutzen. Bedingung war dann zwangsläufig, dass sowohl die Schienen, aber auch die Radsätze isoliert werden mussten. Der Nachteil (zumindest zu jener Zeit - sieht man von den heutigen Digitalisierungsmöglichkeiten einmal ab) war, dass man bei dieser Anordnung auf einem Streckenabschnitt (ohne jegliche Blockunterteilung) nur eine einzige Lok fernsteuern konnte. Dies war neu, aber entsprach wesentlich mehr dem Original. Bei TRIX und MÄRKLIN fuhr man seinerzeit noch mit dem Dreischienen-Zweileiter-System (mit Mittelschiene).


Eugen Engelhardt

Die Spurgröße von 12 mm (1:120) (Noch im ROKAL-Prospekt von 1951 ist ein Maßstab von 1:125 angegeben) wählte Engelhardt, weil man da noch richtig zupacken konnte und, weil ihm die 00- und H0-Bahnen für die beengten Wohnverhältnisse im Nachkriegsdeutschland zu groß erschienen. Die MÄRKLIN - Eisenbahn zum Aufdrehen besaß die Spur 32 mm, die nächst kleinere bekannte Spur war die Spur H0 von TRIX; die benötigte ebenfalls viel Platz; 8 mm – das war ihm wiederum zu klein.

Bereits ganz am Anfang war der Werkzeugmacher Karl Rommelrath an der Entwicklung der Modellbahn beteiligt. Das erste Handmuster von Eugen Engelhardt war noch ein Holzmodell, jedoch musste für die Serienproduktion Prototyp aus Metall hergestellt werden. Diesen Prototyp fertigte Karl Rommelrath an. Die dafür notwendigen Kleinteile entstanden auf dieser Drehmaschine, die er selbst gebaut hat.


Drehvorrichtung für Kleinteile von Karl Rommelrath

Das Bild dieser Drehvorrichtung entstand auf der ROKAL-Ausstellung 2008 und zeigt im Hintergrund Robert Kahrmann, der sich zu dieser Zeit regelmäßig über die Fortschritte der Entwicklung seiner Modellbahn informierte.

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Die Geschichte der ROKAL-TT Modelleisenbahn, Manfred Albersmann

ROKAL-Katalog 21D, ROKAL-Freunde Lobberich

Die Geschichte und Produktion der ROKAL-Werke Lobberich, Hans-Georg Heymanns und Dieter Cordes

Als PDF Dokument steht die Geschichte der ROKAL-TT Modelleisenbahn zum Lesen am Bildschirn bereit.